\chapter{Experimentelle Grundlagen} \section{Batchversuche} Batchversuche sind stark vereinfachte Modelle und simulieren die Idealbedingungen für eine bestimmte Reaktion in einem abgeschlossenen System. Die Ansätze erfolgen in einem geschlossenen Gefäß. Externe Einflüsse werden weitgehend ausgeblendet, da nur die einzelnen Chemikalien (hier Tensid, Schadstoff, Wasser und Salz) gemischt werden. Die Mischungsanteile der Ansätze werden während der Gleichgewichtseinstellung der Reaktion nicht verändert und auch die Temperatur wird konstant gehalten. Batchversuche bieten den Vorteil, zunächst alle äußeren Einflüsse auszublenden. So lassen sich komplexe Vorgänge schrittweise betrachten und verstehen. Es können nach und nach verschiedene Einflussgrößen weitgehend unabhängig voneinander untersucht werden. So wurde hier zunächst die allgemeine Eignung verschiedener Tenside untersucht, als zweites die optimale Tensidkonzentration bei ansonsten festen Massenanteilen für ausgewählte Tenside bestimmt und schließlich für ein Tensid der Einfluss der Salinität untersucht. Die Resultate werden zur Auswahl von geeigneten Tensiden zur die Sanierung der Schwefelkohlenstoffkontamination benötigt. Darüber hinaus schaffen sie aber auch eine Grundlage zum Verständnis der bei der Sanierung im Untergrund relevanten Prozesse. Batchversuche stellen die Grundlage für alle weiteren Versuche dar, wenngleich die Ergebnisse die aus Batchversuchen erhalten werden nicht eins zu eins auf die Sanierung eines Grundwasserleiters übertragen werden. Dies liegt daran, dass der Einfluss von Strömung und Grundwasserchemie, sowie die Wechselwirkung mit der Bodenmatrix nicht in Batchversuche dargestellt werden können. Lediglich der Einfluss einer erniedrigten Temperatur lässt sich, mit allerdings entsprechendem Mehraufwand betrachten. Diese weiteren Einflüsse können dann, aufbauend auf das durch die Batchversuche geschaffenen Basiswissen, zum Beispiel mit Säulenversuchen untersucht werden. \section{Material und Chemikalien} \subsection{Schwefelkohlenstoff} Schwefelkohlenstoff mit der Summenformel $CS_2$ und der molaren Masse 76,13 g/mol ist eine farblose Flüssikeit. In Reinform ist sie geruchsneutral, aufgrund von Verunreinigungen jedoch häufig unangenehm richend. Der Schmelzpunkt liegt bei -111,6 °C der Siedepunkt bei 46,5 °C. Der Stoff ist leicht entzündlich und bei einem Volumenanteil in Luft von 1\% - 60\% auch explosiv. Wegen des hohen Dampfdrucks von 398 hPa ist er leicht flüchtig, wobei die Dämpfe schwerer sind als Luft. Die Dichte beträgt 1,264 g/L bei 20°C. Schwefelkohlenstoff gehört zu den DNAPLs. Die maximale Löslichkeit in Wasser ist mit 2,1 g/L bei 20°C sehr gering. Schwefelkohlenstoff ist nach dem Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz, ChemG) ein gesundheitsschädlicher und umweltgefährlicher Stoff. %Für den Umgang gelten die R-Sätze R11 - 36, 38 - 48, 23,62,63 und die S-Sätze S16, 33, 36, 37 - 45 der Gefahrstoffverordnung. Nach der Verwaltungsvorschrift wassergefährdenter Stoffe (VwVwS) ist Schwefelkohlenstoff in Kategorie 2, wassergefährdend eingestuft. Schwefelkohlenstoff ist giftig, er reizt Haut und Schleimhäute und gilt als fortpflanzungsgefährdend. Die Aufnahme erfolgt leicht über die Atemwege und die Haut. \cite{Merck} Schwefelkohlenstoff ist relativ gut biologisch abbaubar (80\% in 28 Tagen) und aufgrund des eher mäßig hohen $log P_ow$ ist nicht mit einer starken Bioakkumulation, also der Anreicherung im Organismus, zu rechnen. \cite{Hedinger} Verwendung findet Schwefelkohlenstoff in großen Mengen in der Herstellung von Cellulosefasern, als Lösemittel für Fette und in der tertiären Erdölförderung. \subsection{Salze} Es wurden zwei unterschiedliche Salze verwendet. Zum einen das bivalente Salz Calciumchlorid($CaCl_2$) und zum anderen das monovalente Salz Natriumchlorid ($NaCl$). Die Zugabe von Salz setzt die elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen Tensid und Wasser herab. Nach der Debye-Hückel-Theorie werden die aktiven Zentren der Tensidmoleküle von den umgekehrt geladenen Ionen umgeben. Dadurch wird deren Ladung gegenüber den Wassermolekülen abgeschirmt. Als Effekt werden weniger Wassermoleküle zur Interaktion mit dem Tensid benötigt. Man sagt, die Aktivität des Lösungsmittels (Wasser) nimmt zu und damit steigt das Lösungsvermögen. Die Theorie sagt weiter, dass der Logarithmus der Löslichkeit proportional der Wurzel der Ionenstärke ist. Das heißt je größer die Ionenstärke, umso mehr wird das Lösungsvermögen gesteigert. %cite\Saunders %cite\Young Bei weiter steigender Salzkonzentration kehrt sich der Effekt allerdings um, die Löslichkeit nimmt wieder ab. Dies kann man sich so vorstellen, dass sich keine weiteren Ionen mehr um die Tenside anlagern können und daher verstärkt mit dem Lösungsmittel (Wasser) in Wechselwirkung treten. Dadurch stehen nun weniger ''freie'' Wassermoleküle zur Verfügung und die Aktivität des Lösungsmittels sinkt. Dies kann bis zum Ausfallen der Tensidmoleküle aus der Lösung führen. Der Bereich in dem die Löslichkeit durch ein Salz beeinflusst werden kann, wird als Salzfenster bezeichet. Die veränderte Löslichkeit lässt sich auch durch die Änderung des HLB-Wertes ausdrücken. Dieser nimmt bei steigender Salzkonzentration ab. Ein niedriger HLB-Wert bedeutet, dass sich das Tensid besser im unpolaren löst. Es bilden sich also mit steigendem Salzgehalt zunehmend inverse Mizellen (siehe Abbildung 3.1). \begin{figure}[h] \includegraphics[trim=2.5cm 16cm 0cm 2cm]{bilder/Salzfenster} \caption[Salzfenster]{Salzfenster nach Sabatini, 2000} \end{figure} %Initial salting in at low concentrations is explained by the Debye-Huckel theory. Proteins are %surrounded by the salt counter ions (ions of opposite net charge) and this screening results in %decreasing electrostatic free energy of the protein and increasing activity of the solvent, which %in turn, leads to increasing solubility. This theory predicts the logarithm of solubility to be %proportional to the square root of the ionic strength. %http://www.rpi.edu/dept/chem-eng/Biotech-Environ/PRECIP/precpsalt.html %%In effect, this means that less water molecules are required to interact with the protein surface %and the concentration of "free" water is increased. We say that the "activity" of the water has %increased. The net effect is that the protein becomes more soluble. %%At higher concentrations of salt we see the reverse effect, "salting-out". What's happening now is %that all the binding sites on the protein surface for the salt ions have become occupied and so the %ions begin to interact with the solvent. The concentration of "free" solvent molecules decreases as %they are used to solvate the salt ions. Protein molecules therefore move closer together and begin %to interact with one another via the hydrophobic or charged patches on their surfaces. At some salt %concentration (which depends on the salt and the size/charge characteristics of the protein), the %protein molecules aggregate and come out of solution. %http://www.madsci.org/posts/archives/2008-04/1208150541.Bc.r.html \subsection{Verwendete Tenside} Für ein erstes Screening wurden 15 verschiedene nicht-ionische und anionische Tenside, welche nachfolgend mit den wichtigsten Parametern aufgelistet sind untersuht.Kationische Tenside wurden aufgrund ihres generell geringen Lösungsvermögens und ihrer erhöhten Affinität zur Sorption an negativ geladene Bodenteilchen nicht eingesetzt. %Tabellenüberschrift \vspace{12 pt} \noindent %\begin{flushleft} \begin{tabular}{|c|c|l|l|l|l|c|c|} \hline \bf Nr.&\bf CAS&\bf Handelsnahme&\bf Typ&\bf Chemische Klasse&\bf Molmasse&\bf HLB\\ \hline 1&301-02-0&Lutensol FSA10&nicht-ionisch&Ölsäureamidethoxylat&-&-\\ \hline 2&9005-00-9&Brij S20&nicht-ionischðoxylierte Alkohole&314,55&15\\ \hline 3&9004-98-2&Brij 98&nicht-ionischðoxylierte Alkohole&1149,53&15,3\\ \hline 4&9002-93-1&Igepal&nicht-ionischðoxylierte Alkylphenole&617&13\\ \hline 5&9004-98-2&Brij 97&nicht-ionischðoxylierte Alkohole&709&12,4\\ \hline 6&9004-95-9&Brij 58&nicht-ionischðoxylierte Alkohole&1124&16\\ \hline 7&9005-64-5&Tween 20&nicht-ionisch&Polysorbate&346,46&13,3\\ \hline 8&9005-65-6&Tween 80&nicht-ionisch&Polysorbate&604,81&15\\ \hline 9&9043-30-5&Uniperol LE&nicht-ionischðoxylieres Öl&-&-\\ \hline 10&-&Brij 35&nicht-ionisch&Polysorbate&1198,57&16,9\\ \hline 11&-&BASF-Mischung:&nicht-ionisch&Ölsäureamidethoxylat&-&-\\ &&Lutensol FSA 10 (73\%)&anionisch&dialkylierte Sulfosuccinate&&\\ && Lutensol ON 60 (27\%)&&&&\\ \hline 12&151-21-3&Shell Enordet&anionisch&-&-&-\\ \hline 13&577-11-7&SDS (Sodiumlaurylsulfate)&anionisch&alkylierte Sulfate&288,4&40\\ \hline 14&-&Aerosol AOT (DSSS)&anionisch&Sulfosuccinate&444,56&10,2\\ \hline 15&-&Lutensol ON 60&anionisch&dialkylierte Sulfosuccinate&-&-\\ \hline \end{tabular} %\end{flushleft} \vspace{12 pt} \subsection{Material} Die Batchansätze der verschiedenen Versuchsreihen erfolgten in unterschiedlichen Vials aus Klarglas mit jeweils passendem Schraubverschluss mit Mininert-Ventil. Für den ersten Versuch, das Screening der Tenside, wurden 40 ml-Vials mit flachem Boden und einem Durchmesser von rund 26 mm verwendet, die mit insgesamt 20 ml Chemikalien gefüllt wurden. Problematisch war hier zum einen das große Volumen und der somit hohe Chemikalienverbrauch und zum anderen, die geringe Höhe im Verhältnis zum Volumen, wodurch es schwierig war, die Trennung der Phasen exakt zu dokumentieren. Für den zweiten Versuch wurden Vials mit einem Volumen von 25 ml und einem Durchmesser von nur rund einem Zentimeter verwendet. Auch hier trat wieder das Problem auf, das in den nicht vollständig gefüllten Vials ein großer Gasraum vorhanden war. Der flüchtige Schwefelkohlenstoff diffundiert zu einem nicht bekannten Teil in diese Gasphase und verändert so das Phasengleichgewicht. Daher wurden in den weiteren Versuchen noch kleinere Vials mit nur 15 ml Volumen und einem Durchmesser von rund einem Zentimeter verwendet und diese nahezu randvoll befüllt. Für nötige Verdünnungsschritte vor der Konzentrationsbestimmung wurden wieder 40 ml-Vials verwendet. Diese wurden mit einem PTFE-beschichteten Septum und Schraubkappe verschlossen. Die Zugabe der Chemikalien in die Vials und die Probenentnahme wurde mit gasdichten Hamilton-Glasspritzen durchgeführt. Da die Vials entlüftet werden mussten um Überdruck bei der Zugabe des Schwefelkohlenstoffs bzw. Unterdruck bei der Probenahme zu verhindern wurde zusätzlich eine zweite Kanüle mit nur 0,4 mm Durchmesser zur Belüftung verwendet. Um ein Steckenbleiben im Hals der Mininert-Ventile zu verhindern, wurden diese feinen Kanülen vorher mit einem Schleifstein abgerundet. \section{Messmethoden} Um beurteilen zu können, wie viel des vorgelegten Schwefelkohlenstoffs in die leichte Phase partitionierte, wurde das Volumen der leichten Phase bestimmt. Hierzu wurden mit einem Höhenanreißer jeweils die Höhe der unteren Phasengrenze (Grenzfläche schwere Phase - leichte Phase) und der oberen Phasengrenze (Grenzfläche leichte Phase - Luft) gemessen. Zudem musste der Durchmesser der Vials bestimmt werden. Dies erfolgte für den ersten Versuch durch abschätzen des Innendurchmesser durch messen des Außendurchmessers der Vials mit einer Schieblehre. Für die 40 ml-Vials war dies, aufgrund des relativ großen Durchmessers, hinreichend genau. Die wesentlich schmaleren Vials der weiteren Versuche wurden mit Wasser kalibriert. Das heißt die Vials wurden bis zum Ende der Bodenrundung mit Wasser gefüllt und die Höhe des Wasserspiegels mit dem Höhenanrei?er gemessen. Dann wurde ein definiertes Volumen Wasser mit der Mikroliterspritze zugegeben, das Vial zur Dichtekontrolle gewogen, und wieder die Höhe des Wasserspiegels gemessen. Aus der Differenz der gemessenen Höhen und dem zugegeben Volumen lässt sich aus der Formel für das Zylindervolumen der Innendurchmesser der Vials berechnen. Dies wurde mit je drei Vials eines Types durchgeführt und der Mittelwert der so bestimmten Durchmesser als Kalibrationsergebniss erhalten. Mit dem Durchmesser aus der Kalibrierung und der gemessenen Phasenhöhe kann nun das Volumen der leichten Phase wiederum über die Zylinderformel bestimmt werden. Die Konzentrationsbestimmung des in der leichten Phase gelösten Schwefelkohlenstoffs wurde mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (engl. High Performance Liquid Chromatography = HPLC) durchgeführt und mittels UV-VIS-Detektor bei einer Wellenlänge von 315 nm detektiert. Aufgrund der hohen Konzentration mussten die Proben verdünnt werden, damit die Messung im lineraren Bereich der HPLC zu blieb. Um gleichzeitig den Einfluss der Dichtekontraktion auf die Messung zu reduzieren und den Einfluss des Tensids auf die Laufzeit klein zu halten, wurde um den Faktor 100 mit Methanol verdünnt. Die Dichte der Proben wurde bestimmt durch wiegen eines definierten Probevolumens. Hierzu wurden 3,5 ml-Gläschen mit Gummistopfen zuerst leer gewogen, dann 2 ml der leichten Phase der Probe mittels einer Mikroliterspritze in die Gläschen überführt und wieder gewogen. Aus der Massendifferenz und dem zugegebenen Volumen lässt sich dann die Dichte berechnen: Dichte [g/mL] = Masse [g] / Volumen [ml]. Die Messung der Oberflächenspannung wurde mit einem Blasendrucktensiometer (BPA-1P, Sinterface) durchgeführt. Das Gerät bietet einen Schnelltest, bei dem innerhalb von rund fünf Minuten eine komplette Messkurve über verschiedene Blasen-Lebensdauern aufgenommen werden kann. Allerdings wurde hier keine komplette Messkurve aufgezeichnet, sondern der Versuch abgebrochen, sobald sich das Messergebnis einem konstanten Wert annährte. Der zuletzt gemessene, niedrigste Wert wurde dann als Ergebnis vermerkt. Die Viskosität wurde mit Hilfe eines Mikro-Ubbelohde-Viskosimeters (von SI-Analytics) gemessen. Hierbei wird die Zeit gemessen, die die Probe benötigt um eine dünne Kapillare zu durchströmen. Der kinematische Viskositätskoeffizient $\nu$ ergibt sich dann aus der Kapillarkonstante k mal der gemessenen Zeit t. Um auch den dynamischen Viskositätskoeffizienten $\eta$ zu erhalten, wird die Dichte $\rho$ der Probe mit dem kinematische Viskositätskoeffizient multipliziert. \begin{equation} \nu= k*t=\frac{\eta}{\rho} \end{equation} \vspace{0,5cm} Diese Messmethode ist streng genommen nur für Newton'sche Fluide geeignet. Bei Tensiden ist jedoch häufig eine Abhängigkeit der Viskosität von den Scherkräften vorhanden. Da die Tenside hier aber verdünnt in Lösung vorlagen, wurden angenommen, dass sie sich newtoinsch verhalten.